Das Europäische Parlament hat mit der Richtlinie 2009/72/EG die Einführung und den Rollout von intelligenten Zählern beschlossen. Die Umsetzung dieser Richtlinie beschäftigt nicht nur den deutschen Energiemarkt, sondern auch unsere Nachbarn. Dabei lohnt sich der Blick auf die unterschiedlichen Rollout- und Umsetzungskonzepte der Vorgaben. Beim Blick über die Staatsgrenze schauen wir heute auf Österreich. Dabei konnten wir Gemeinsamkeiten aber auch gravierende Unterschiede im Vergleich zur deutschen Umsetzung feststellen.
Worum geht es?
Mit der Novellierung des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz (EIWOG) im Jahr 2010 haben Smart Meter in die österreichischen Gesetzgebung Einzug gehalten. Im Jahr 2012 wurde die Umsetzung des Rollout in der Intelligenten Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO) verankert und bis 2019 mehrfach novelliert. Basierend auf der EU-Vorgabe hat Österreich sich dazu entschieden den Rollout, mit dem Ziel 80 % intelligenter Messgeräte bis 2020 und bis 2022 mindestens 95% umzusetzen.
Bis Ende 2018 wurden von rund 6 Millionen potenziellen Zählerpunkten ungefähr 953.302 intelligente Messgeräte installiert. Dies entspricht einer Roll-out-Quote von 15,4 %. Aktuell geht aus dem Monitoringbericht der e-Control 2019 hervor, dass laut derzeitiger Planung lediglich 40 Netzbetreiber die 80 % bis Ende 2020 einhalten werden. Dennoch ist Österreichs Energiewirtschaft zuversichtlich, die vorgegebenen 95 % bis 2022 umzusetzen. Zur Erreichung des ambitionierten Ziels muss in den kommenden Jahren, auch im Hinblick auf die Coronakrise, ein straffer Rolloutplan der übrigen Netzbetreiber durchgeführt werden.
Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Deutschland?
Der Energiemarkt in Österreich wird maßgeblich durch die gesetzlichen Grundlagen des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (EIWOG), der Intelligente Messgerät-Anforderungsverordnung (IMA-VO), der Intelligente Messgerät-Einführungsverordnung (IME-VO), der Datenformat- und Verbrauchs-informationsdarstellungsverordnung (DAVIS-VO) sowie durch die Eichrechtliche Bestimmung (MEG) reguliert. Die Rolloutpflicht knüpft, wie in Deutschland, an die technische Machbarkeit an. Die technischen Anforderungen an ein Smart Meter, welche dem Verständnis der iMS in Deutschland entsprechen, werden durch die Intelligente Messgeräte-Anforderungsverordnung bestimmt.
Wesentlicher Unterschied zum deutschen Rolloutkonzept, ist das Wahlrecht des Ausleseintervalls für Letztverbraucher (siehe Abbildung 1). Der Kunde kann zwischen einem intelligenten Zähler mit einer Erfassung von 15-minuten Werten (Opt-in) oder einer softwareseitigen Deaktivierung der intelligenten Messfunktion (Opt-out) wählen. Ohne kundenseitigen Handlungsbedarf wird ein Smart Meter in der Standardausprägung eingebaut.
Abbildung 1: Wahlrecht des Ausleseintervalls
Die „Opt-in“ Option wählten bis Ende 2018 4,9 % (42.750 Kunden). 10 % von ihnen wählten außerdem das „Opt-in mit viertelstündigem Clearing“. Damit werden die Verbrauchsdaten dem Stromlieferanten zur Verfügung gestellt, um so von zeitabhängigen Tarifen profitieren zu können. Dem gegenüber stehen 1,7 %, derer die sich für die „Opt-out“ Variante entschieden.
Die mit dem Smart Meter erhobenen Verbrauchsdaten unterliegen dem österreichischen Datenschutzbestimmungen. Die Verbrauchsdaten werden im österreichischen Konzept im Zähler und nicht wie in Deutschland im SMGW verschlüsselt. Die Daten können hier, anders als in Deutschland direkt an den Netzbetreiber übermittelt werden. Im EIWOG wird, ähnlich wie in Deutschland, gefordert, dass die Kommunikation von intelligenten Messgeräten abgesichert, verschlüsselt und vor dem unbefugten Zugriff durch Dritte geschützt sein muss. Die Kommunikation ist mit einem individuellen (kundenbezogenen) Schlüssel zu authentifizieren und verschlüsseln. Des Weiteren werden Zugriffprotokolle und Manipulationskennungen gefordert.
Im Unterschied zu Deutschland, wurden für das SMGW in der österreichischen Gesetzgebung keine Regelungen getroffen. Als sogenanntes zentrales System gilt im österreichischen Konzept eine zentrale Auslese- und Verwaltungsanwendung. Dieses verwaltet das kryptografische Schlüsselmaterial und regelt die gesetzlich vorgesehene Anbindung an das Online Kundenportal. In Österreich ergeben sich darüber hinaus keine weiteren Datensicherheitsvoraussetzungen. Ein gemeinsames Vorgehen in Bezug auf geeignete Sicherheitsmaßnahmen wird durch den Gesetzgeber lediglich angeraten. Darauf aufbauend wurde der Anforderungskatalog „Ende-zu-Ende Sicherheit Smart Metering“ erarbeitet, der branchenweit akzeptierte Mindestanforderungen vorgibt. Dabei folgt dieser hinsichtlich der Unterscheidungen zwischen normativen und informativen Inhalten der Terminologie der TR-03109 des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
Was lässt sich daraus ableiten?
Netzbetreiber in Österreich haben einen größeren Handlungsspielraum in Bezug auf die Umsetzung der Datensicherheit als deutsche Netzbetreiber. Ebenso setzt Österreich hinsichtlich des Reglungsgrades auf mehr Flexibilität. Aufgrund dessen müssen Hersteller intelligenter Messgeräte in Österreich jeweils einen eigenen Standard entwickeln. Hier gilt lediglich eine rechtlich unverbindliche Grundlage (Anforderungskatalog Smart Meter) für Hersteller, um den Stand der Technik zu ermitteln. Dem gegenüber setzt die vergleichbar umfangreiche Gesetzgebung in Deutschland auf Interoperabilität unter den Herstellern.
Grundsätzlich sind die gesetzlichen Reglungen in beiden Ländern ähnlich. Das ist daraus abzuleiten, dass die Datensicherheit auf den Einsatz gleicher Verschlüsselungstechniken setzt, welche auf den gewählten Maßstab zum Stand der Technik zurückzuführen sind.
Ihr Ansprechpartner: Eileen Reschke